Dunkelrot im Balkanexpress (von Maya Kielhorn und Andreea Lup)

Dunkelrot im Balkan-Express
Von Maya Kielhorn und Andreea Lup
Berlin- Budapest
15. Januar 1916
12:05
Gerade hat mein Traum begonnen. Ich kann es kaum fassen…5 Minuten zu spät, und ich wäre hier geblieben. In diesem grauen, stinkenden, rachsüchtigen Loch Berlin. Und wenn ich an die vielen Tage denke, die ich gebraucht habe, um das Geld für dieses kleine Stück Papier zusammenzukratzen…für diesen Fahrschein! Wochen, Monate hat es gedauert, aber ich bedaure nicht eine Sekunde dieser widerwärtigen Arbeit, die ich für das vollkommene Glück, das ich jetzt spüre, leisten musste. Es fällt mir schwer, diese Worte nun zu Papier zu bringen, da ich versucht habe, mich vor mir selbst zu verstecken, um nicht für das geradestehen zu müssen, was ich getan habe…sich Männern zu verkaufen, auch noch regelmäßig, ist wohl eine der größten Schandtaten, die eine Frau sich selbst antun kann…aber wer so tief gefallen ist wie ich, und dann den Schimmer einer Hoffnung erblickt, den ich vor einigen Monaten in Form weniger Zeilen in einer Zeitung erblickt habe, der tut alles, um seinen Traum Wahrheit werden zu lassen.
Ich mag wohl arm sein, ich mag nichts anderes besitzen als die Kleider auf meinem Leib, aber ich fühle die Stärke all dieser Frauen, die noch dort feststecken, wo ich vor wenigen Momenten auch noch war…das ist mein Weg ins Leben, in die Freiheit, die ich mir immer gewünscht habe…ins Unbekannte.
Ich sitze in einem sonnendurchfluteten Abteil, und gerade hat der Balkanexpress seine erste Fahrt nach Konstantinopel begonnen. Neben mir sitzen Menschen, die lächeln. Es ist so lange her, dass ich zum letzten Mal gelächelt habe! Es ist ein kleiner Vorgeschmack…zum Glück.
16:32
Es sind erst vier Stunden vergangen und etwas ganz merkwürdiges ist mir passiert. Als ich ins Bad gehen wollte, habe ich vergessen anzuklopfen und als ich die Tür aufmachte, war es schon zu spät. Eine wunderschöne, geheimnisvolle Dame stand vor dem Spiegel und schaute mich mit großen, blauen Augen an. In der Hand hatte sie einen Lippenstift und ihre dunkelroten Lippen waren einen Spalt weit geöffnet. Ich wusste nicht, wie ich mich entschuldigen sollte; 10 Sekunden stand ich atemlos da und wollte einfach nur im Boden versinken. Sie sprach als erstes und reichte mir den Lippenstift.
10 Minuten später saß ich neben ihr im Speisewagen und trank Rotwein aus einem silbernem Glas, während wir auf erlesenes Essen warteten.
Anette ist 30 Jahre alt und hat schwarze Locken und blau lachende Augen. Sie ist Jüdin, so wie ich, und ist wahrscheinlich die reichste Frau, die ich je kennengelernt habe. Anettes Reise ähnelt meiner sehr stark. Sie flüchtet sowohl vor dem luxuriösen Leben Berlins als auch von ihrem Mann.
Wenn ich sie anschaue, fühle ich vage, als ob uns etwas verbindet. Mit ihren elfenhaften Bewegungen und ihrer Marmorhaut gibt sie mir das Gefühl, aus einer anderen Zeit zu sein.
11:27
Die anderen Fahrgäste schlafen sicher schon, aber ich kann es einfach nicht. Der Mondschein fällt durch das Zugfenster auf meine nackten, weißen Beine und ich denke an alles, was ich in letzter Zeit durchmachen musste.
Und ich denke an sie. An dunkle Haare, an eisblaue Augen, an sie. In meiner Jackentasche brennt der kleine weiße Zettel, auf den sie mir ihre Abteilnummer geschrieben hat: 169. Einzelabteil, für die Reichen. Und für mich? Sie hat gesagt, ich solle kommen, wann ich wolle, sie langweile sich sowieso die ganze Zeit über.
Ich schaue aus dem Fenster. Hin und wieder Lichter, Laternen, Rufe. Panzer, die vorbeifahren. Ich verstehe nicht viel vom Krieg, es ist meiner Meinung nach ein einziges großes Töten, das keinen Sinn ergibt.
Was soll ich tun? Was will ich tun? Ich werde wohl jetzt schnell hinrennen, zu ihr… bevor ich mich wieder anders entscheide.
Ob das ein Fehler ist, weiß Gott.
16. Januar 1916
05:53
Die Welt ist ein merkwürdiger Ort. Wie kann man vor Glück sterben, um im nächsten Augenblick aufzuwachen und zu fühlen, dass einem die Welt unter den Beinen zergeht? Berührungen, Flüstern, Hauchen, Küssen…wie kann das alles eine so starke Wirkung auf mich haben? Auf mich, eine unabhängige Frau, die bis gestern wusste, wer sie war…
Bin ich gefallen oder gehoben worden? Was hat sie mit mir angestellt? Wie werde ich ihr je wieder in diese klaren, blauen Augen schauen können…wie werde ich mir wieder in die Augen schauen können? Und wie perfekt hätte es sein können, wäre sie doch bloß ein …. ein Junge gewesen? Ist es wirklich das, was ich sagen wollte? Ich komme mir fremd vor, ich, die ich doch sonst so offen bin! Offen gegen alle, nur gegen mich nicht! Nein, ich werde mich nicht in ein neues Unglück zerren lassen, wenn ich doch gerade erst aus einem mit Mühe und Not herausgeklettert bin! Nein, ich werde mich nicht reinzerren lassen…ich werde selber gehen!
Oh, und da kommen schon die ersten Häuser Budapests in Sicht, Stadt der tausend Brücken und der blauen Donau!
10:00
Das hatte ich eigentlich kaum erwartet. Budapest ist eine traumhafte Stadt, die unbedingt besichtigt werden muss. Ich hätte nie gedacht, nicht für einen Moment, dass ich je wahre Freunde finden würde. Aber der Spaziergang durch Budapest war wahre Freude. Zusammen mit Anette bin ich durch die noch ruhigen Straßen gelaufen, Hand in Hand und mit einem Herz, das mir aus der Brust zu springen drohte.
Obwohl der Krieg in vollem Gange war, schienen alle gut drauf zu sein: die jungen Soldaten schenkten uns ein Lächeln, die Kinder waren draußen und spielten mit selbstgemachten Holzwaffen, während alte Männer sich auf ihre Spazierstöcke stützten und über den Krieg redeten.
Große, elegante Häuser erweckten bei uns dieselben begeisterten Ausrufe wie kleine, heruntergekommene Läden. Die Hörnchen, die wir beim Bäcker neben dem Bahnhof kauften und mit leckerem Kaffee verspeisten, ließen einen wohligen Nachgeschmack in meinem Mund. Die Sonne schien, draußen und in mir.
Budapest- Belgrad
16. Januar 1943
18:15
Seitdem wir aus Budapest weggefahren sind, ist alles nur falsch gegangen. Noch nie habe ich vorher so stark gefühlt, dass ich Jüdin bin. Jetzt aber, im Jahr 1943, wird man scheinbar an jeder Ecke darauf aufmerksam gemacht! In allen Zeitungen steht mit fett gedruckten Buchstaben, dass man uns nicht vertrauen soll und dass wir nach ganz unten hin gehören. Im Zug schauen mich die meisten Leute böse an…noch schlimmer, mir scheint fast, als würden sie sich vor mir ekeln. Warum?
Anette meint, ich soll das nicht ernst nehmen…die Leute ignorieren. Aber wie kann ich es ignorieren, wenn manche mir sogar am liebsten die Luft zum Atmen wegnehmen würden? Die meiste Zeit haben wir heute in Anettes Abteil verbracht…das Mittagessen hat der Kellner uns dorthin gebracht, da ich die Blicke der Leute auf mir, auf uns, wirklich nicht mehr weiter ertragen kann. In der Zeitung sind Bilder von Leuten, die einen gelben Stern auf der Kleidung angenäht haben…ich weiß nicht sicher, warum, aber ich hoffe, ich werde keinen bekommen…ich habe da so ein Gefühl, dass da nichts Gutes hinter steckt. Zu recht.
Nur gut, dass ich Anette habe. Sie braucht nur zu lächeln, und dann vergesse ich schon, warum ich mich einen Moment zuvor so elend gefühlt habe. Außerdem hat sie Geld…und ich habe sie.
17. Januar 1943
02:30
Etwas Schreckliches ist passiert. Ich kann es kaum fassen. Tränen strömen schon seit Stunden aus meinen Augen. Ich hätte nie gedacht, dass sie so etwas machen würden. Die Deutschen, mein Volk!
Wir waren grade beim Abendessen im Speisewagen, als der Zug plötzlich auf freier Strecke anhielt. Draußen hörte man das Bellen von Hunden und das Schreien der Polizisten. Ein Mitreisender stand auf und schrie: „Endlich suchen sie diese Hunde!”. Anette verstand schneller als ich. Sie zog den Kellner zur Seite und flüsterte: „Ich gebe dir diese Diamantenkette für dein Schweigen.” Der Kellner hielt inne und schaute auf ihre Perlenohrringe. „Gut, die auch. Und der Ring!”, rief Anette, und ich merkte, wie ihre Stimme vor Panik zitterte. Da verstand ich. Aber ich hatte keine Zeit mehr, um Angst zu haben. Es ging alles zu schnell.
Der Kellner zog mich und Anette hinter sich den Flur runter. Ganz hinten öffnete er eine Tür und schob uns in einen kleinen, dunklen Raum. Er öffnete eine Luke in der Wand und Anette kletterte rein, ich auch. Der Kellner schloss das Türchen, und wir waren wieder allein. Wir hörten seine eilenden Schritte, das entfernte Hundegebell, die Schreie. Unsere Herzschläge. Unser Atmen.
Die nächsten Stunden waren die Hölle auf Erden. Jedes Mal, wenn das Hundegebell näher zu kommen schien, war ich mir sicher, dass sie uns jetzt finden würden. Wir hörten auch Hilferufe, ich wusste, dass wir nicht die einzigen Juden in diesem Zug waren. Ich hielt Anettes Hand lange und fest, bis alles vorbei war. Bis es still war. Bis die Dunkelheit uns verschluckte und wir müde von der ganzen Anspannung und dem lautlosen Weinen, Arm in Arm einschliefen.
Irgendwann fiel ein Lichtstrahl auf uns. Ich erkannte den Kellner und atmete auf. Anette ging es genauso, mit Tränen in den Augen nahm sie seine Hand in ihre und begann, ihm zu danken. Der Kellner nickte jedoch nur kurz und schob uns wieder aus dem Zimmer auf den Flur. Er wollte keinen Dank von uns, er wollte uns nur nach getaner Arbeit loswerden. Wie alle anderen. Wie sollte ich mich unter solchen Umständen auf Belgrad freuen?
11:20
Belgrad ist grau und das nicht nur, weil es Januar ist…unsere Herzen sind müde. Ein paar Stunden früher waren unsere Leben bedroht, wären wir fast gestorben. Der gelbe Stern hätte schon fast über uns geschienen.
Es regnete in Belgrad, und wir waren froh, uns unsere Kapuzen so tief ins Gesicht zu ziehen wie nur möglich. Wir setzten uns in ein Restaurant und nahmen einen Kaffee, lehnten alles Essen ab, was der nette Kellner uns in seinem serbischen Akzent anbot. Die kahlen, schwarzen Bäume und der schmutzige Schnee unter unseren Schuhen schienen so trostlos wie unsere Aussichten nach der letzten Nacht. Die Menschen sind so verschieden. Keine lächelnden Augen, keine gehobenen Mundwinkel, keine Freude. Alles ist so trübselig… Wie kann man der Menschheit so etwas antun ? Wie kann man unseren Nächsten so stark verletzen. Ich bin empört. Etwas ist aber sicher…obwohl die Welt einen großen Schritt in Richtung Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau getan hat, ändert das nichts daran, dass ich in dieser Lage mit allen meinen neuen Rechten nichts ausrichten kann. Doch klar ist: jetzt gibt es kein Zurück mehr! Aus der Reise ist eine Flucht geworden, und das einzig Gute daran ist, dass Anette dabei ist. Sie weiß immer, wie sie am besten reagieren soll, ohne sie wäre ich verloren.
Belgrad-Sofia
17. Januar 1985
16:00
Der Kommunismus ist wahrlich keine sehr schöne Sache, obwohl wir hier im Zug nicht so viel davon mitkriegen. Das Essen ist nicht so vielfältig, und man sieht auch hier, dass alles verarmt ist, was nur verarmen kann, aber Anette und mich stört das nicht. Wir haben uns.
Gerade hat Anette einem Herrn zehn Zigarettenschachteln abgekauft, Carpați. Rumänische Marke oder so, davon haben wir schon eine halbe Schachtel auf dem Klo geraucht. Ich hätte nie gedacht, dass Rauchen so viel Spaß macht. Mir ist schon klar, dass diese Geschäfte illegal sind und wir dafür bestraft werden könnten…aber mit Anette scheint alles eher ein Kinderspiel.
Die Trauer und die Angst…irgendwie ist alles so schnell verflogen, und jetzt fühle ich nur noch Neugier und Freude…mir ist egal, dass wir jetzt mit weniger auskommen müssen. Ich bin einfach nur froh, dass das Schlimmste vorbei ist.
11:45
Puuuuuuuh, grad noch geschafft. Ich dachte fast, wir würden in Sofia hängen bleiben. Erst ging alles gut…spazieren durch eine kommunistische Hauptstadt ist nicht wirklich so interessant. Alles war zu, geschlossen: das Nationaltheater stand alleine in seiner ganzen Pracht da, wie ein großes, verlassenes Tier. Es gab Hunderte von Wohnblocks, die alle gleich aussahen, bedrohlich., mit kleinen, schwarzen Fenstern. Nirgendwo brannte Licht…es war ja schon nach zehn Uhr. Auf den Straßen kam uns keiner entgegen, nur ein paar einzelne Männer, die im Eilschritt, ihre Mäntel fest um sich ziehend, die Straße langgingen.
Es war trostlos, etwas zu essen oder zu trinken zu finden schier unmöglich. Als wir uns schon wieder auf den Rückweg gemacht hatten, hörten wir Stimme und Schritte hinter uns. Wir drehten uns um und sahen einige Wachmänner ( nehme ich an) um die Ecke kommen. Als sie uns sahen, begannen sie, zu laufen. In unsere Richtung. Sie riefen etwas, das wie „Stop!” klang, und schwangen ihre Knüppel. Gelähmt stand ich da und klammerte mich an Anettes Hand fest.
Als die Männer bei uns angekommen waren, begannen sie, Fragen zu stellen, auf uns einzureden in einer Sprache, die ich nicht verstand. Anette und ich schauten uns hilflos an. Auf Englisch versuchte sie ihnen klarzumachen, dass wir kein Bulgarisch sprechen konnten. Da fand sich einer, der einige Worte Englisch verstand, und gab uns zu verstehen, dass wir um diese Uhrzeit unter keinen Umständen mehr auf der Straße sein durften, und dass wir unsere Papiere vorzeigen sollten. Zögernd zeigten wir unsere Ausweise…die Männer schauten sie sich lange an und begannen, untereinander zu reden. Langsam wurde es spät. Anette setzte erneut an, um ihnen zu sagen, dass wir unseren Zug verpassen würden. Da sagte uns der eine Polizist, der ein bisschen Englisch konnte, dass sie uns mit auf die Wache nehmen müssten. Ich traute meinen Ohren und Augen nicht, als die Männer uns am Arm nahmen und gehen wollten. Wie konnte das passieren? Warum, was hatten wir getan? Verzweifelt war auch Anette, und sie suchte in ihrer Handtasche, bis sie ihre Geldbörse fand. Die Männer hielten an, als sie sahen, wie Anette ihnen zwei Scheine hinhielt. Dann aber zerrten sie uns weiter, scheinbar noch wütender. Anette flehte sie an, uns loszulassen, in ihrem gebrochenen Englisch, und kramte weiter in ihrer Geldbörse herum, bis sie zwei weitere Scheine fand. Der Mann, der sie festhielt, schaute kaum darauf. Anette begann laut zu weinen, und holte weiteres Geld heraus. Die Männer begannen wieder untereinander zu reden, wurden aber nicht langsamer. Ich war mir sicher, dass wir jetzt verloren waren. Wenn sie nicht einmal Geld annehmen wollten! Da leerte Anette auf einmal die ganze Geldbörse aus, Scheine und Münzen fielen auf den nassen Boden. Ein kleiner Hügel aus Geld bildete sich auf dem Asphalt. Jetzt hielten die Männer an und schauten einander zweifelnd an. Sie lockerten ihre Griffe und beugten sich herab, um zu sehen, um wie viel Geld es sich handelte. Sie ließen uns sogar los, um es zu zählen. Das war der Moment. Anette und ich rannten wie wild los, in Richtung Bahnhof, jeden Moment erwartete ich, den heißen Atem eines der Männer im Nacken zu spüren. Aber er blieb aus, und als wir nach einiger Zeit zurückblickten, war keiner weit und breit. Und nun verlassen wir endlich diese traurige Stadt mit dem schönem Namen.

 

 

Sofia-Istanbul
18. Januar 2016
07:13:59
Bin gerade aufgewacht…mit dem neuen Remix von David Guetta und Riri, das Lied, dass mich aus dem Schlaf weckt.. Ein Blick auf mein I-Phone sagt mir, dass es noch früh ist…aber heute ist es egal, weil heute der große Tag ist…der Tag, an dem ich endlich in Istanbul ankomme, die Stadt meiner Träume, die ich schon immer mal sehen wollte! Das einzig traurige ist…ich weiß nicht, wie es mit Anette weitergehen wird. Sie wird wahrscheinlich eine der vielen Erinnerungen bleiben, die in dem vollen Alltag von heute schnell untergehen…es gibt ja heutzutage so vieles, mit dem man sich beschäftigen kann. Wenn ich aus dem Zugfenster schaue, sehe ich Umweltverschmutzung, globale Erwärmung, Luftverpestung, Fabriken, abgeholzte Wälder…die Liste könnte noch lange so weitergehen.
Ich bin gespannt- gespannt auf Istanbul. Angst? Habe ich nicht, obwohl man jetzt überall von den schlimmen Machenschaften des IS hört und liest, und viele Europäer denken, sie seien in unmittelbarer Gefahr. Das mag wohl teilweise stimmen, ich werde mich jedoch nicht davon abhalten lassen, mein Leben so zu leben, wie ich es gerne machen will. Ich werde wohl gleich zu Anette rübergehen, um so Abschied von ihr zu nehmen, wie es sich gehört…sie wird verstehen. Ich tue es auch, obwohl ich am liebsten bei ihr bleiben würde…aber es ist the art of letting go, wie mein tumblr es mir jeden Tag aufs Neue sagt. Das Leben achtet nicht auf uns, es ist ein einziges großes Spiel und wir haben keine andere Chance, als mitzuspielen.
11:40:35
Ich stehe am Fenster, den Fahrtwind in meinem offenen Haar, Musik in meinen Ohren. In der Ferne kann man schon die Dächer Istanbuls erkennen, wie sie in der Vormittagssonne glänzen. Ich glaube, da ist auch eine kleine Moschee dabei. Ich setze meine Sonnenbrille auf und suche nach dem Lippenstift, den Anette mir zum Abschied geschenkt hat. Als ich mir damit über die Lippen streife, habe ich das vage Gefühl eines Déjà-vu, so als hätte ich das Dunkelrot dieses Lippenstifts schon einmal gesehen…vielleicht in einem früheren Leben…ich spüre, wie ein kleines Lächeln in mir aufsteigt, und obwohl ich nicht ganz verstehe, woher es kommt, lasse ich es raus und fühle, wie es meine Mundwinkel langsam aber sicher nach oben zieht.